Akademischer Turnbund ATB

Akademischer Turnbund

November 2016
Wahl zum Präsidenten des Akademischen Turnbundes

Der Akademische Turnbund ist ein Zusammenschluss von 46 Akademischen Turnverbindungen (ATV) an Universitäten in ganz Deutschland und zwei in Österreich (Wien und Graz). Sie sind zum großen Teil „gemischt“, nehmen also auch Studentinnen auf. Sie schlagen keine Mensuren, tragen keine Farben und sind politisch neutral. Auf keinen Fall sind sie dem rechten Spektrum von Verbindungen, Chorps oder Burschenschaften zuzurechnen!

Leitlinien des ATB

Der Akademischen Turnbund (ATB) will sich mit diesen Leitlinien Orientierung für die Herausforderungen der kommenden Jahre geben. Die Leitlinien und die Wachenburger Beschlüsse (1992) fügen sich in den durch die Satzung gesetzten Rahmen ein. Der ATB bekennt sich zu unseren Gemeinwesen Deutschland und Österreich, zu deren freiheitlich-demokratischer Grundordnung und zum Ziel der Einigung der europäischen Nationen in deren Vielfalt sowie kulturellen und religiösen Besonderheiten. Er tritt für die Freiheit und Selbstbestimmung der Völker ein. Der ATB setzt sich für die Erhaltung von Natur, Umwelt und Heimat ein. Akademisches Studium geht weit über den Erwerb reinen Wissens hinaus. Der ATB zielt auf eine ganzheitliche und lebenslange Bildung von Menschen nach ethischen Maßstäben der deutschen Kultur in ihrem europäischen Rahmen. Sport und Turnen sind im Jahnschen Sinne eine der Grundlagen des ATB. Seine Mitglieder betreiben Breiten- und Wettkampfsport. Sie beachten die Regeln des sportlichen Wettkampfes und sehen darin einen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung. Sie wollen durch den Sport das Gemeinschaftsleben in den Korporationen festigen. Über den Sport streben sie nach Gesundheit, Erholung und Lebensfreude. Der ATB unterstützt die Turn- und Sportbewegung und empfiehlt seinen Mitgliedern, sich darin zu engagieren. Die Mitglieder des ATB fühlen sich einander lebenslang verbunden. In diesem Lebensbundprinzip sieht der ATB die Chance und die Aufgabe für den Einzelnen wie auch für die Gemeinschaft, Achtung, Dialog und Verstehen untereinander und zwischen den Generationen zu ermöglichen und zu fördern. In den Korporationen des ATB werden akademische Bildung, Lebensbund und Sport lebendig. In akademischen, sportlichen und geselligen Veranstaltungen sollen studentisches Brauchtum und Tradition, Zivilcourage und Anerkennung korporativer Disziplin, Verlässlichkeit und verantwortungsbewusstes Handeln wirken.

125. Stiftungsfest ATV Darmstadt, 8. Juni 2019

Festrede: Die Vermessung unserer Welt

Das Wichtigste zuerst: 125 Jahre ATV Darmstadt – dazu gratuliere ich im Namen des ATB ganz herzlich. Ich gratuliere zur Courage all derer, „die vor uns gewirkt und geschafft.“ Ich gratuliere ebenso all denen, die heute und in jüngster Vergangenheit sich für diese Verbindung engagieren. Und ich bewundere Ihren Mut, weil Sie einen Historiker gebeten haben, heute die Festrede zu halten. Ihr Mut erzeugte bei mir allerdings Unmut und Zweifel, ob und wie ich vor Technikern bestehen sollte. Die naturwissenschaftlich-mathematische Domaine zu beackern, verbietet sich vor der Anhäufung technischer Kompetenz in diesem Saal und meiner geringen technologischen Kompetenz. Sich aber völlig als technologischer Banause zu präsentieren geht noch weniger. Es bleibt also nur der Ausweg, beide Bereiche zu verbinden, also Messen und Abwägen in historischen Dimensionen zu betrachten. Wollen wir hoffen, dass es kein Holzweg wird!

Lassen Sie mich von einer mathematischen Sternstunde erzählen, die der Autor Daniel Kehlmann in seinem Bestseller „Die Vermessung der Welt“ schildert. Sie kennen vielleicht die Anekdote, in der Carl Friedrich Gauß (1777 Braunschweig – 1855 Göttingen) als junger Schüler seinem Lehrer auffiel:

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125. Stiftungsfest ATV Gothia - Suevia Bonn, 2019

Festrede: Die Sehnsucht nach dem Meer

Erstaunt und verblüfft habe ich Sie hoffentlich, als Sie den Titel meiner Rede in der Einladung zu diesem Kommers lasen: „Die Sehnsucht nach dem Meer“. Manche vermuten, dass ich über Kreuzfahrten rede – auch ein weites Feld. Andere mögen vermuten, dass ich von meinen Urlauben rede und vielleicht – oh Horror – Urlaubsbilder zeige, auf denen ich braungebrannt lässig an der Reling lehne. Auch dies ein verlockender Gedanke. Aber da ein ATB-Präsident sich weder das eine noch das andere leisten kann, möchte ich eine andere Perspektive wählen.

Inspiriert wurde ich dazu durch eine Äußerung der weltberühmten Stargeigerin Anne-Sophie Mutter, die auf die Frage eines Journalisten, wie man denn am ehesten Kinder zur Musik brächte und die quälenden Fingerübungen zur Sprache kamen, antwortete: „Vieles davon kann hilfreich sein, nichts davon ist bedeutend. Wir bringen Kinder zur Musik, wenn wir die Sehnsucht danach wecken. Denn es hilft auch nicht, den Bau eines Schiffes in allen Details zu planen. Wir müssen in den Menschen die Sehnsucht nach der Weite des Meeres wecken.“

Und das sollte reichen? Gerade beim Bau eines Schiffes, das wir heute doch als Ergebnis kühl rechnender Ingenieurskunst erkennen können? Sind dabei Computer oder Rechenschieber nicht wichtiger, da sie den Bau eines Schiffes erst ermöglichen?

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